Als im 19. Jahrhundert die
Dampfschifffahrt aufkam und sich ein Technologiewandel abzeichnete, versuchte
die Branche der Segelschiffbauer mit allen Mitteln die Effizienz ihrer
Segelschiffe zu verbessern. Die Konsequenz dieses Handelns hatte verlorene Jahrzehnte
zur Folge. Der Technologiewandel setzte sich durch.
Mit dem Beginn des 21.
Jahrhunderts stand eine ganze Branche vor einem wahren Paradigmenwechsel. Das
Ende der fossilen Antriebstechnologien wurde eingeläutet.
Die ersten zarten Pflänzchen
einer zukünftigen CO2 - neutralen Multimobilität waren zu sehen. Toyota stellte
einige Jahre zuvor mit dem Prius ein alltagstaugliches
Hybrid - Fahrzeug vor.
Die BRD war mit ihren „Big Five“
der Automobilindustrie Taktgeber,
Bench Mark und ein weltweites
Erfolgsmodell mit größter Strahlwirkung.
800.000 Mitarbeiter in der
deutschen Automobilindustrie und Millionen Arbeitnehmer in der weiteren
Wertschöpfungskette festigten die Bedeutung einer Schlüsselbranche.
Machen wir nun den Sprung ins
Jahr 2018.
Über 130 Jahre
Automobilbauerfahrung verlieren durch den Technologiewandel zusehends an
Bedeutung. „Start Ups“ produzieren E-Transporter, ein visionärer Tausendsassa
zeigt der etablierten Automobilindustrie, wie man innerhalb weniger Jahre eine
Marke größter technologischer Trendwirkung kreiert.
China hat die Elektromobilität
zur Parteientscheidung gemacht.
Die CO2 - neutrale
Multimobilität wird unsere Gesellschaft und unsere Wirtschaft in großem Maße
verändern.
Die deutsche Automobilindustrie
hingegen hat in den zurückliegenden 20 Jahren ihre Ingenieurs- und
Innovationskraft auf die Optimierung der fossilen Antriebe konzentriert.
Emissionsgrenzwerte konnten schwerlich erreicht werden, also hat man
„manipuliert“. Dieser „Eingriffe“ wurden dann dummerweise durch ein
amerikanisches Institut aufgedeckt .
Jetzt kam wieder einmal die
Stunde der Lobbyisten. Nach einem 1. und 2. sogenannten Dieselgipfel verkündete
die Bundesregierung mit sogenannten Software-Lösungen einen bahnbrechenden
Erfolg. Max. 30% Reduzierung der Stickoxid-Emissionen sind damit unter
optimalen Bedingungen möglich.
Dass diese Ergebnisse nicht
reichen würden, um Fahrverbote zu verhindern, musste jedem Beteiligten klar
sein. Eine aufwendigere Hardware-Lösung macht hingegen ca. 75% Reduzierungen
möglich. Die Industrie jedoch weigert sich, die Kosten von ca. 1.500
Euro/Fahrzeug zu tragen.
Vor dem Hintergrund der
gesundheitlichen Schädigungen sowie massiver wirtschaftlicher Konsequenzen,
stellt sich die Frage - sollte man der Industrie seitens der Bundesregierung
eine Wahl lassen?!
Ca. 6 Mio. Euro 5-Dieselkunden
werden zur Zeit kalt enteignet. Bis zu 30% Wertverlust verzeichnet der
Gebrauchtwagenmarkt - ganz zu schweigen von gigantischen
Summen, die der Handel zu tragen
hat für garantierte Restwerte bei
Kilometer-Leasingverträgen.
Die Bundesregierung weist auf
die arbeitsmarktpolitische Verantwortung dieser Schlüsselbranche hin. 800.000
Arbeitnehmer in der Industrie und Millionen Mitarbeiter in Zulieferbetrieben,
Handel, Werkstätten und Dienstleisterbetrieben stellen eine große Verantwortung
dar. Als allerletztes Killerargument werden wir uns wahrscheinlich auf
altbekannte Aussagen, wie „alternativlos, oder systemrelevant““
einstellen müssen.
Nur in diesem Fall darf es kein
„to big to fail“ – Argument geben! Hier geht es um Gerechtigkeit, Vertrauen in
die Volksvertreter, Vertrauen in die Industrie und schlussendlich um klare
Signale und Entscheidungen, den Technologiewandel durch Kreativität und
Entschlossenheit aktiv zu gestalten.
Zur Zeit entstehen weltweit
Automobilbauer, die sich ausschließlich auf
CO2 - neutrale Antriebe
konzentrieren. Regierungen schaffen rechtliche Rahmenbedingungen, neue
Mobilitätssysteme und –vernetzungen kreieren die Infrastruktur des neuen
Jahrtausends. China wird auf dem Weg zur bedeutendsten Volkswirtschaft der Welt
Taktgeber der CO2 – neutralen Mobilität.
Markt- und Markenführerschaften
werden in den kommenden Jahren neu vergeben.
Die aktuellen Umsatzzahlen der
deutschen Autobauer präsentieren sich auf Rekordniveau. Ich warne sehr vor
einer wahren
„Erfolg hat immer Recht –
Betrunkenheit“.
Ich bin jedoch der festen
Überzeugung, dass die deutsche Automobilindustrie stärker aus dieser Krise
herausgehen kann, als sie hineingegangen ist.
Liebe Automobilindustrie, nutzt
diese Krise, Vertrauen zurückzugewinnen und stoßt jetzt konsequent Prozesse und
Projekte an, die auch zukünftig die deutsche Technologieführerschaft in der
Automobilbranche festigen werden.
Liebe Bundesregierung, der
Technologiewandel der Mobilität mit dem „Turbo“ Digitalisierung muss zur
absoluten Chefsache gemacht werden.
Entscheidet visionär, fördert
und fordert Kreativität, und tappt nicht in die Falle des „Erfolgsfensters
Legislaturperiode“.
Staatlicher Protektionismus
überholter Technologien ist mittel- und langfristig
der größte Jobkiller!
Rolf
Cosse März
2018
Deutsches Institut Automobiles
Kulturgut
Ruhenhof 15
48565 Steinfurt
Tel.: 0049 (0) 176 96702554